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Raumpartnerschaften im Vergleich

Raumpartnerschaft Berlin-Brandenburg

Die Verbindung von Berlin und Brandenburg ist nicht nur eine enge geographische Beziehung, in der ein Bundesland in der Mitte des anderen liegt. Die Verbindung besteht auch in einer gemeinsamen Geschichte, in der Bürger, Wirtschaft und Politik die Stärken der gesamten Region zu nutzen versuchen. Seit der deutschen Wiedervereinigung nehmen die politisch unterbrochenen Verflechtungen, wirtschaftliche und soziale Austauschbeziehungen sowie Residenz- und Pendlerbewegungen wieder stetig zu - eine Partnerschaft der Räume ist hier evident durch die räumliche Nähe und Verflechtung.

In der Region besteht vielfach ein intensiver Entwicklungsdruck auf hochwertige Landschaftsräume und natürliche Ressourcen, die es im Sinne einer nachhaltigen Raumentwicklung zu schützen gilt. Die räumlichen Herausforderungen sollen von beiden Bundesländern gemeinsam gelöst werden, dabei zwingen auch die verkehrlichen Infrastrukturen und Bedarfe zur Vernetzung. Die Zusammenarbeit der beiden Bundesländer mündete 1995 in einen Staatsvertrag über eine dauerhaft gemeinsame Raumordnung und Landesplanung. Die Konsensfindung in der gemeinsamen Landesplanung ist seither nicht unbedingt einfacher, aber umso wichtiger geworden. Die Zusammenarbeit wurde 1996 durch eine gemeinsame Landesplanungsabteilung institutionalisiert.

Der Austausch zwischen Berlin und Brandenburg im Freizeitverkehr wird nicht unter den Bereich des Tourismus, sondern der Naherholung gefasst. Im Bereich Mobilität und Kommunikation ist das Leitbild der dezentralen Konzentration der räumliche Orientierungsmaßstab, der aufgrund ökonomischen Drucks in den Kommunen jedoch nicht immer durchgängige Berücksichtigung findet.

Ziel beider Bundesländer ist eine Verbesserung der Kombination der Verkehrsträger und eine Stärkung des öffentlichen Verkehrs gegenüber dem Individualverkehr. Dabei soll der Schienenpersonennahverkehr eine Schlüsselrolle einnehmen. Ziel ist die Verknüpfung der regionalen Entwicklungszentren in Brandenburg (Städtekranz) mit Berlin durch ein leistungsfähiges Bahnsystem (zentrenorientierte Schienenanbindung). Während der ÖPNV in der Fläche wie in vielen ländlichen Gebieten von Ausdünnung betroffen ist, wird - vor allem für den Freizeitverkehr - derzeit ein Schwerpunkt auf den Ausbau des Radwegenetzes gelegt.


Raumpartnerschaft Berlin - Usedom

Die Insel Usedom an der Ostsee bildete seit Ende des 19. Jahrhunderts das traditionelle Feriengebiet der Berliner am Meer. Diese Beziehung war so selbstverständlich, dass Usedom im Volksmund als "Berliner Badewanne" bezeichnet wurde. Diese liebevollen und durch den Volksmund geprägten Bezeichnungen für das Urlaubsziel Usedom heben diese Insel deutlich von anderen Orten in vergleichbarer Entfernung (wie Harz, Thüringer Wald, Sächsische Schweiz oder andere Ostseebäder, wie z. B. auf Rügen oder Hiddensee) ab.

Die Entfernung von rund 250 km wurde vor dem Krieg mit dem Zug trotz Dampfantrieb in ca. zweieinhalb Stunden überbrückt und führte über Swinemünde ohne Umsteigen auf die sogenannte Inselbahn und damit zum jeweiligen Seebad. Auch existierten frühzeitig Ferienflugdienste. Die Folgen des Zweiten Weltkriegs reduzierten diese Beziehung auf die etwas mehr als eine Million Ostberliner. Die neue polnische Westgrenze und die im Krieg zerstörte Karniner Brücke erzwangen eine neue Eisenbahnzufahrt über Wolgast und verlängerten die Bahnfahrt auf über vier Stunden. Die 3 Millionen West-Berliner aber waren vom Besuch Usedoms weitgehend ausgeschlossen. Mit der deutschen Einheit entdeckten die West-Berliner Usedom mit seinen Naturstränden neu, aber meist mit dem eigenen Auto.

Obwohl ihre Bahnhöfe im Zeitalter privater Massenmotorisierung als zu weit entfernt von den Stränden gelten, avancierte die Inselbahn zur Vorzeigestrecke der DB AG. Die Fernbahnverbindung jedoch führt von Berlin über Wolgast und ist mit Umsteigen und merklich mehr als 4 Stunden Bahnfahrt verbunden. Der Versuch, Usedom zu einer verkehrsberuhigten Zone mit traditionellem ÖPNV zu erklären ("Usedom 2000"), scheiterte an der Rigorosität dieses Konzepts. Deshalb gehören neue Nahverkehrskonzepte und Parkraumbewirtschaftung zum Bestreben, nachhaltige Mobilität auf Usedom zu gewährleisten. Angesicht der bevorstehenden Ost-Erweiterung der EU ist die Einbeziehung der polnischen Tourismus- und Raumordnungspolitik von zentraler Bedeutung.

Die Kontrastverbindung Berlin-Usedom stellt nicht nur eine Verkehrsachse im Freizeitverkehr dar, sondern den Inbegriff einer Raumpartnerschaft im kollektiven Gedächtnis der Berliner. Für die Raumpartnerschaft Berlin-Usedom sprechen als erste Zeichen die Einrichtung einer durchgehenden Zugverbindung von Berlin nach Usedom und die diskutierte Aufnahme des Wiederaufbaus der Karniner Brücke in den Bundesverkehrswegeplan.


Raumpartnerschaft Zürich-Graubünden

Die Stadt Zürich in ihrer historischen Grenze (Einwohnerzahl 360'000) ist heute umgeben von einer Agglomeration, die der Volksmund als Millionen-Zürich bezeichnet. Was für den Berliner die Insel, ist für den stadtflüchtigen Schweizer die Passage in die Alpen, das Tal, die Terrasse, der Berg, der Pass. Zürich ist historisch als Schnittstelle von zwei Passagen entstanden, der südlichen Achse von Italien über den Gotthard und der rätischen Achse, die von den Bündnerpässen via Walensee nach Zürich führt. Beide Achsen sind historisch ein Gefälle von Kontrasten. Für frühere Generationen war die Reise über den Gotthard ins Tessin der Traum. Auch die Grenze von der Linthebene östlich via Walensee oder südlich ins Glarnerland wird als Kontrast erlebt, der sich stufenweise durch die Hochtäler Graubündens hinauf steigert. Die einzelnen Täler mit ihren Terrassen, Anhöhen, Pässen und landschaftlichen Reizen werden als Insel empfunden. Die rätische Achse wurde in der letzten Zeit zur wichtigsten Kontrastroute für den Grossraum Zürich. Relativ nahe gelegen, verlockt dieses Kontrastgebiet zu winterlichem, sommerlichem wie herbstlichem Reisen. Es existieren auf Tradition zurückgehende Bindungen an Zielorte und Vorformen von Raumpartnerschaft. Vereine von Zürich zum Beispiel bauten in Zielgebieten Ferienhäuser für ihre Mitglieder. Private Zweitwohnungsbesitze haben in den letzten Jahrzehnten zugenommen und ihre Nutzer sind in Vereinen organisiert. In den letzten Jahren versuchen innovative Hoteliers mit neuen Konzepten die Bindung von Gästen zu stärken. Gemeinden in Berggebieten sind im Rahmen von Patenschaften mit reicheren Orten des Raumes Zürich verbunden, die sie finanziell unterstützen. Die Verkehrserschliessung auf der rätischen Route ist durch zwei hochwertige Systeme garantiert - die Autobahn und im Stundentakt verkehrende Schnellzüge (von Zürich zum Hauptort Chur benötigt man 1 1/2 Stunden). Ein räumlich und zeitlich sehr dichtes Bussystem versucht, auch die entfernten und kleinen Orte erreichbar zu machen. Allerdings ist die Konkurrenz der Orte zwischen Walensee, Prättigau, Surselva, Unterengadin und Oberengadin um die attraktivsten Kontraste intensiv. Die Überschwemmung an Wochenenden schafft Verkehrskorridore mit starken Immissionen und Parkplatzproblemen, die in der Bevölkerung negativ bewertet werden. Die Suche von zukunftsweisenden Lösungen ist notwendig. Raumpartnerschaften sind im kollektiven Gedächtnis angelegt und können in Anknüpfung an neu entstehende Bindungen initiiert und gefördert werden.
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